Die Alpenkonvention
ist ein als Rahmenvertrag konzipiertes völkerrechtlich verbindliches Übereinkommen zwischen den Staaten. In der Rahmenkonvention verpflichten sich die Vertragsparteien durch eine sektorenübergreifende, ganzheitliche Politik ein umweltverträgliches Wirtschaften im Alpenraum zu gewährleisten.
D.h., es handelt sich um selbständige völkerrechtliche Verträge, die durch ihre Ratifikation Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung geworden sind (BGBl Nr. 477/1995, BGBl III Nr. 230 – 238/2002). Die Durchführungsprotokolle haben demnach innerstaatlich den Rang eines Bundes- oder Landesgesetzes.

Mit dem 1991 unterzeichneten und 1995 in Kraft getretenen internationalen „Übereinkommen zum Schutz der Alpen“, kurz Alpenkonvention, versuchen die Alpenstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz, Slowenien) und die Europäische Union in grenzüberschreitender Zusammenarbeit die bedeutendste Bergregion Europas zu schützen und nachhaltig zu entwickeln.

Q: Bayrisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Kon·ven·ti·on
   /Konventión/
   Substantiv, feminin [die]

Abkommen, [völkerrechtlicher] Vertrag
vom lateinischen conventio für „Übereinkunft“


Das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention
In sogenannten „Fachlichen Protokollen“ (Durchführungsprotokollen) wird zu einzelnen Fachbereichen festgelegt, welche konkreten Schritte zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung der Alpen ergriffen werden sollen.

Bisher wurden in den Bereichen

  •  Raumplanung und nachhaltige Entwicklung,
  •  Berglandwirtschaft,
  •  Naturschutz und Landschaftspflege,
  •  Bergwald,
  •  Tourismus,
  •  Bodenschutz,
  •  Energie, sowie
  •  Verkehr

Protokolle erarbeitet.

Das Verkehrsprotokoll enthält die Verpflichtung der Vertragsparteien, auf den Bau hochrangiger Straßen für den alpenquerenden Verkehr zu verzichten.

Die Umsetzung der Alpenkonvention und ihrer Protokolle erfolgt auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips.

Die nichtstaatlichen Organisationen und Institutionen (Internationale Alpenschutzkommission CIPRA, Gemeindenetzwerk „Allianz in den Alpen“, Euromontana usw. ) haben bei der Umsetzung der Alpenkonvention einen wichtigen Beitrag zu leisten.

Q:
Eidgenössisches Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

 

Sub·si·di·a·ri·täts·prin·zip
   /Subsidiaritä́tsprinzip/
   Substantiv, Neutrum [das]

Prinzip, nach dem eine höhere staatliche oder gesellschaftliche Einheit erst dann helfend eingreifen und Funktionen an sich ziehen darf, wenn die Kräfte der untergeordneten Einheit nicht ausreichen, die Funktion wahrzunehmen.


CIPRA
Die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA – französisch für Commission Internationale pour la Protection des Alpes – ist eine nichtstaatliche Dachorganisation mit über 100 Organisationen im gesamten Alpenraum. Sie setzt sich für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Alpen ein.

CIPRA Österreich
Die CIPRA Österreich setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1975 für den Alpenschutz ein. NGOs, Länder und Wissenschaft bilden die breite Basis der Arbeit, wodurch effizientes Handeln für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung des Alpenraumes ermöglicht werden soll. Getragen wird die österreichische Vertretung der Alpenschutzkommission von neun Naturschutzorganisationen sowie den neun Bundesländern, vertreten durch ihre Natur- bzw. Umweltschutzabteilungen. Die nationale Vertretung ist als eigenständiger Bereich des Umweltdachverbandes organisiert.

Q:
CIPRA Österreich – Leben in den Alpen


Rechtsservicestelle der Alpenkonvention (CIPRA)
Die vom österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) sowie von der Europäischen Union und der Republik Österreich im Rahmen des EU-Programms für die Ländliche Entwicklung kofinanzierte, großteils ehrenamtlich tätige Rechtsservicestelle-Alpenkonvention bei CIPRA Österreich setzt sich seit 2009 mit Fragen der rechtlichen Auslegung der Alpenkonvention, insbesondere ihrer Protokolle auseinander.

Ein Kreis von unabhängigen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Anwaltsbereich bildet den Kern dieser für den Alpenraum nach wie vor einzigartigen Einrichtung.

Serviceleistung der Rechtsservicestelle:
Konkret umfasst die Serviceleistung seitens der Expert:innen eine erste, unverbindliche und allgemeine Auskunft zur Auslegung bzw. Umsetzung der Alpenkonvention. Mit dieser kostenlosen Einrichtung wird nationalen und regionalen Behörden, aber auch Vertreter:innen aus der Zivilgesellschaft eine rechtlich fundierte Hilfestellung in Sachen Alpenkonvention gegeben. Die Auskunft ersetzt jedoch keinesfalls behördliche Ermittlungsverfahren oder etwa Gutachten von Sachverständigen. Die Rechtsservicestelle Alpenkonvention beschäftigt sich ausschließlich mit Anfragen, die VOR der verwaltungsbehördlichen Erledigung an sie herangetragen werden; eine Überprüfung von Entscheidungen wird nicht vorgenommen.

Die Stellungnahmen der Rechtsservicestelle finden Sie in der Rechtsdatenbank Alpenkonvention.


GUTACHTEN/STELLUNGNAHME vom 14.08.2024 der CIPRA:
Tiroler Tunnelprojekte am Fernpass verstoßen gegen Alpenkonvention

Rechtsservicestelle Alpenkonvention erkennt in Scheiteltunnel und Ausbau Lermooser Tunnel Widerspruch zur Alpenkonvention

Die ehrenamtlichen Rechtsexpert:innen der Rechtsservicestelle Alpenkonvention, koordiniert von CIPRA Österreich, haben sich auf Anfrage mit dem Tiroler Fernpass-Paket und dessen Vereinbarkeit mit dem Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention (VP) auseinandergesetzt. Das Ergebnis: Der geplante Bau des Scheiteltunnels sowie der zweiten Röhre des Lermooser Tunnels sind nicht mit Art 11 Abs 1 VP vereinbar. Die zusätzlich geplanten Maßnahmen wie die Einführung weiterer Abfahrverbote, die Errichtung von Dosierampeln, Unterführungen, Lärmschutzwänden und einer Fernpassmaut seien hingegen vereinbar.

Verbot neuer hochrangiger Straßen für alpenquerenden Verkehr

Ein wesentlicher Bestandteil des Protokolls liegt im Verzicht auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den alpenquerenden Verkehr. In ihrem Gutachten macht die Rechtsservicestelle Alpenkonvention deutlich, dass der geplante Scheiteltunnel und der Bau der zweiten Röhre des Lermooser Tunnels eine Kapazitätserweiterung darstelle, wodurch die Attraktivität der Fernpassstraße B 179 gesteigert werde. Daran ändern bei entsprechend enger Auslegung des VP und seiner Ziele auch etwaige Dossierungsmaßnahmen nichts. Die B 179 (mit der B 189) verbindet die deutsche A 7 und die österreichische A 12 (Inntalautobahn) und ermöglicht eine Überquerung des Alpenhauptkamms über die A 13 Brennerautobahn oder den Reschenpass sowie in weiterer Folge die italienische A 22. Mit der Umsetzung dieser Projektbestandteile liege damit ein unzulässiger (Aus-)Bau einer neuen hochrangigen Straße für den alpenquerenden Verkehr vor und verletze das Verkehrsprotokoll.

Zukunftsorientierte Verkehrskonzepte benötigt

Die Bedürfnisse nach zusätzlichen Transportkapazitäten – insbesondere für den Ziel- und Quellverkehr – wären durch einen Neu- und Ausbau der Bahninfrastruktur deutlich effektiver erfüllbar. „Das Beispiel des Fernpass-Pakets zeigt neben weiteren neuralgischen Verkehrsknotenpunkte in den Alpen, dass die Möglichkeiten für den weiteren Ausbau hochrangiger Straßenverkehrsinfrastruktur im Alpenraum nicht nur verkehrsstrategisch zu hinterfragen sind, sondern auch dem völkerrechtlichen Übereinkommen keine neuen alpenquerenden Straßen zu errichten zuwiderlaufen. Die grenzüberschreitende Koordination und Zusammenarbeit im Sinne des Verkehrsprotokolls werden weiter an Bedeutung zunehmen, um den Verkehr entsprechend zu steuern und auf umweltschonende Verkehrsmittel zu verteilen“, so Stephan Tischler, Vorsitzender von CIPRA Österreich. Es benötige neben zahlreicher politischer Absichtserklärungen auch eine konsequente Umsetzung entsprechender Maßnahmen, um den Verkehr in den Alpen raum- und umweltverträglicher abzuwickeln. Dazu zählt am Fernpass neben verkehrssteuernden Maßnahmen auf der Straße auch der Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur für den Personen- und Güterverkehr. Nur so ist langfristig eine Entlastung der Bevölkerung und eine vom Straßenverkehr unabhängige Anbindung des Außerferns möglich.

Die seit 2009 bestehende Rechtsservicestelle Alpenkonvention, koordiniert von CIPRA Österreich, setzt sich aus einem Kreis unabhängiger ehrenamtlicher Rechtsexpert:innen zusammen und befasst sich mit Fragen der rechtlichen Auslegung und Anwendung der Alpenkonvention und ihrer Durchführungsprotokolle. Für mehr Informationen: www.alpenkonventionsrecht.at 

Q:
APA-OTS Österreich


Rechtsdatenbank der Alpenkonvention CIPRA:
weiter zur Rechtsdatenbank

Details zum Fernpasspaket der Alpenkonvention:
Tiroler Fernpass-Paket 2024, 17.08.2024

Stellungnahme zur Frage der Vereinbarkeit eines Fernpassscheiteltunnels mit dem Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention, insbesondere Hochrangigkeit vor/nach Ausbau, 19.05.1019